Donnerstag, Juli 05, 2007

Von der Einsamkeit der Selbstständigkeit

Fünf Jahre ist mein Sohn nun alt. Zeit selbstständig zu werden. Ich schicke ihn alleine mit einem Brief zum Briefkasten auf die andere Straßenseite. Er will es, aber er traut sich zunächst nicht richtig. Er will, dass ich aus dem Fenster guckend dabei bin, die Türen sollen offen bleiben. Nervös und mit Wohnungsschlüssel bewaffnet bricht er zögernd auf. "Na gut, ich versuche es" meint er, dann korrigiert er sich "Nein, ich mache es. Es gibt kein Versuchen." (Er ist ein großer Fan von Star Wars und kann Yoda's Lektionen teilweise rezitieren). Sich immer wieder vergewissernd, dass alle Rahmenbedingungen unter Kontrolle sind, immer wieder zurückkehrend, die Straße an der Ampel nervös überquerend, heftig zum Fenster winkend, wird der Brief am Ende doch in den Briefkasten eingeworfen. Kai kommt gut gelaunt zurück. Es ist geglückt. Ich lobe ihn, er freut sich und fragt, ob ich nicht noch einen Brief hätte. Nun, das läßt sich arrangieren, er könne ja ein Bild malen und der Mama per Brief schicken. Ein Todesstern wird gemalt, wie er gerade den Pluto zerstört - malerisch vor dem Hintergrund einer Spiralgalaxis (sieht eigentlich mehr wie eine Schnecke aus). Als ich ihm versuche zu erklären, dass es auch Kugelgalaxien gibt, malt er meine Erklärung: eine Anhäufung von Kugeln. Ich versuche meine schlechte Erklärung zu verbessern, da werden die Kugeln zu Blättern einer Blume bunt angemalt. Ein nettes Bild. Ich schreibe ein paar erläuternde Sätze für die Mama auf die Rückseite, beschrifte und frankiere den Brief und der nächste Gang zum Briefkasten kann starten. Eine Leichtigkeit fast schon Selbstverständlichkeit. Stolz wie Oskar kommt Kai zurück. Ein paar Minuten später erklärt er mir, er wolle nun alleine spazieren gehen. Ich habe nichts dagegen. Er bricht gut gelaunt auf, kehrt nach etwa zwei Minuten zurück, nur um mir zu sagen, dass er mir nur sagen wollte, er will noch weiter spazieren gehen. Das wiederholt sich einige Male. Aus dem Fenster schaue ich ihm am Anfang noch zu, wie er die zehn Meter bis zur Häuserecke geht, anfangs voller Elan, dann immer zögerlicher, schließlich kehrt er wieder um. Es ist einsam, wenn man seinen eigenen Weg gehen will. Man kann es in seinem Gesicht ablesen und er hat Recht.

Keine Kommentare: