Montag, November 26, 2007

supergute Tage

ja, heute ist einer dieser superguten Tage. Wie damals, als ich Gozilla mit dem kleinen Finger vom Hochhaus runtergeschubst habe. O. K., zugegeben, war ich nicht. Fühlt sich aber so an als hätte ich es gewesen sein können. Habe gerade die Reste von einem Christstollen verschlungen und trinke einen Himbeer-Brombeer-Tee. Den hat sich Kai ausgesucht, weil er wegen seiner Magen-Darm-Grippe viel trinken sollte. Jetzt trinke ich den Tee, Kai ist bei seiner Mutter, das Wochenende habe ich mit hohem Fieber und viel Schlaf verbracht. Heute bin ich wach und ganz bei mir. Der Husten stört noch etwas. Die Phase des Rauchens ist wieder vorbei. Ich habe Lust auf viel Bewegung, aber der Körper wird doch schnell müde. Einige Extrasystolen stoppen die Euphorie. Ein ereignisreicher Tag bei der Arbeit, alle Bälle sind in Bewegung. An manchen Tagen ist das Alles nicht zuviel sondern längst nicht genug. Es sollte mehr solcher Tage geben.

Irgendwie ist zwar alles schon mal gesagt worden. Aber mir ist gerade wieder aufgefallen, dass man Bedürfnisse nicht wollen kann. Anders ausgedrückt die Bedürfnisse (die uns antreiben), sind nicht Gegenstand unseres Willens. Man kann wohl mit seinem Willen Bedürfnisse (zeitweilig) unterdrücken. Und scheitert damit auf längere Sicht. Plötzlich ist der Wille nur noch der post-actum zur Rechtfertigung der Tat. Ist doch interessant: Bedürfnisse führen zu Handlungen (vermeintliche Befriedungsaktionen). Dennoch ist sich das (angeblich) handelnde Selbst seiner Bedürfnisse nicht direkt bewußt ( lediglich indirekt aus Erfahrung vergangener Befriedigung ). So lehrt die Befriedigung unser Selbst die Ziele wiederkehrender Bedürfnisse. Wie gesagt, ist vermutlich alles schon von klügeren Leuten gesagt worden. Mir ist ist es aufgefallen, weil mir klar wurde, dass es unmöglich ist zu wissen, was die "echten" eigenen Bedürfnisse sind. Nichts destotrotz werden meine Bedürfnisse mich weiter handeln lassen. Und das sind gute Tage.

Sonntag, November 11, 2007

Nicht Alles, was schön ist, ist wahr - Nicht Alles, was wahr ist, ist schön

Die Jazztage sind nun für dieses Jahr vorbei.

Sonntag 4. Nov.
Quadro Nuevo. Mit österreicherischem Charm wurde das Publikum verzaubert. Ich hatte leider nicht viel Gelegenheit dabei zu sein, aber was ich erlebt habe war wunderbar. Perfekte witzige Ansagen und großartige Musik. Besonders in Erinnerung bleibt mir die Überleitung zu "Paroles" ein Song aus den siebzigern, der als Antwort auf Alan Delons platte Anmachsprüche ( z. B. "Für Deine Augen hat Gott zwei Sterne vom Himmel genommen", "In Deinen Augen sehe ich meine zukünftigen Kinder"), dargestellt wurde, mit dem Fazit: Nicht Alles, was schön ist, ist wahr - Nicht Alles, was wahr ist, ist schön.
Richard Galliano und Gary Burton mit Quartett. Wer, wie ich Piazolla mag, muss diese Musik einfach lieben. Durchaus anstrengend zu hören aber auch sehr frisch. Xylophon und Akkordeon passen wirklich ganz gut zusammen.

Montag 5. Nov. Guitar Masters
Okan Ersan & Istanbul Super Band - ja, ganz gut.
Snowy White & The White Flames - herrlich.
Roben Ford - ganz nett.
Susan Weinert - hmm. Als akustische Nylongitarrenmusik wurde es angekündigt. Gespielt wurde aber mit viel elektrischen Effekten, nur die Stücke von den letzten Platten. Technisch perfekt, ohne Zweifel. Enttäuscht war ich trotzdem, hatte etwas mehr als Gitarrensynthesizer erwartet. Susans Bühnenpräsenz war auch etwas divenhaft. Heftig schaukelnde Bewegung der im Stehen gespielten Gitarre sind etwas gewöhnungsbedürftig. Eigentlich ein Wunder, das die Finger das Brett treffen. Vielleicht ist aber auch einfach die CD gelaufen, kann man ja nicht beurteilen. Ständig ihr verliebter Blick zu ihrem Mann am Bass. Irgendwie war das Publikum beim Konzert ausgeschlossen. Nur die Verärgerung als dann gelegentlich jemand aufstand war spürbar.

Dienstag 6. Nov Women's Night
Ich habe nur wenig selbst mitbekommen
Doba Caracol - hat die Leute begeistert. Schön mal französischen Gesang zu hören.
Holly Cole - ruhige und besinnliche Musik. Nette Stücke, nett gesunden, sehr abgeklärt. Ich fand es langweilig.

Mittwoch 7. Nov. Blow On
Roman und Julian Wasserfuhr. Toll, die haben was drauf! Mitreißend.
WDR Big Band. Tja, wenn man's mag. Der Saal war nicht besonders voll. Und man hört, die hälfte davon hätte auf der Gästeliste gestanden. Der WDR ist halt auch ein wichtiger Sponsor.

Donnerstag 8. Nov. Made in Germany
[re:jazz] - superb! Wunderbarer, sehr gut hörbarer, leichter Jazz.
Klaus Doldingers Passport - Das Highlight des Abends (vielleicht sogar des gesamten Festivals). Tolle Band, die musikalisch alles zeigen konnte und dabei begeistert.
Dann kam Sasha hinzu. Der viel leider nicht durch guten Gesang sondern durch Superstar-gehabe und platte Sprüche auf. Auf mich wirkte es arrogant, wenn er zunächst bescheiden die Ehre anspricht mit Doldinger zu spielen und dann sofort das Publikum auffordert der Band doch auch mal einen Applaus zu geben. Die Band wurde zur Begleitkapelle für lahme Songs degradiert. Die Stimmung die Doldinger vorher zum kochen gebracht hatte, kühlte Sasha gekonnt ab. Man musste wohl ein eingefleichter Fan sein, um das nicht zu merken. Mein Eindruck: Spätestens zum Ende des Konzerts, waren davon nicht mehr viele im Raum. Immerhin das Haus war voll, vielleicht war Sasha doch für etwas gut.

Sonntag, November 04, 2007

meo fado

Die Leverkusener Jazztage sind ein Hit. Jeden Abend ein unbescheibliches Erlebniss. Ich habe das Vergnügen als Helfer dabei zu sein. Auch wenn es dafür keine Bezahlung gibt, ist die Chance, solche großartigen Musiker aus der Nähe zu sehen, Lohn genug.

Do. 1.November. Für mich ist die Entdeckung des Tages Lars Danielsson und Leszek Mozdzer. Ein gewaltiger Auftakt für das Festival. Kaum zu Toppen, denke ich bis dahin. Was Lars Danielsson auf Bass und Cello anstellt ist einfach unglaublich. Ein Bass mit Bogen gespielt, Arpeggio-artige Klänge so etwas habe ich noch nicht gehört. Das Publikum war mit Recht begeistert. Vorher Antonio Faraò und nachher das Abdullah Ibrahim Trio waren auch richtig gut. Für mein Gefühl zu sehr in Klaviersolos verliebt. Man kennt die Jazztonleitern ja inzwischen doch. Perfekt gespielt, aber es fehlte für mich die Frische.

Fr. 2. November. Gesangsabend. Mario Biondi der neue Superstar aus Italien beeindruckt mit furioser Gesangskraft. Mein Herz hat er mit dem Song Billy Joel "Just the way you are" gewonnen. Mariza als Hauptakt, eine schmächtige Person mit witzigem Pyramidenkleid betritt die Bühne. Die Fangemeide der Portugiesen ist stark vertreten. Ich kannte die Aufnahmen aus ihrem Konzert in Lissabon, fand das etwas zu, nun ja, folkloristisch. Aber diese Frau hat eine Stimme, wow! Selbst nur mit einer Rhythmus-Box als Begleitung umwirkt einen dieser Gesang. Mächtig. Ein Gesang, der Steine verzaubert. Spätestens als sie "meo fado" (mein Schicksal) singt, ist keiner mehr unberührt.

Ein Anruf der Polizei aus Oschersleben holt mich mich an diesem Abend in die Wirklichkeit zurück. Meine Mutter ist im dunkeln auf der Landstrasse unterwegs gewesen und hat einige Unfälle verursacht. Nun ist sie eingewiesen worden. Immerhin ein Fortschritt in eskalierter Lage.

Sa. 3. November. Gitarrenabend. Ich war besonders neugierig auf die jungen deutschen Gitarristen Torsten Goods und Diknu Schneeberger. Die beiden sind großartig. Perfektes und blitzschnelles Spiel auf der Gitarre. Und hier klangen auch die Solos nicht langweilig. Aber es zündete trotzdem nicht ganz. Ich fand die Auftritte sind insgesamt zu kurz geraten. Aber die Jungs sind noch so jung (Diknu gerade 17), man wird sicher noch von ihnen hören. Der Höhepunkt des Abends sollte Marcus Miller werden. Der kam verspätet, weil er wohl 5 Stunden im Stau einer durch Unfall total gesperrten Autobahn festgesessen hatte. Kein vernünftiger Soundcheck. Als er aus der Gardarobe kam, merkte man ihm seine Unzufriedenheit deutlich an. Nicht leicht für einen Perfektionisten. Das Streben nach Perfektion merkte man dann im Auftritt - furious. Poogie Bell am Schlagzeug, Patches Steward an der Trumpete, Keith Anderson am Saxophon, Gregoire Maret an der Mundharmonika (!) - allesamt Ausnahmemusiker. Perfekte Solos, viel erfrischende Improvisation. Gigantisch! Der fehlende Soundcheck war aber spürbar. Die Bässe zum Teil übersteuert, ein Mundharmonika-Saxophon-Duett mußte wegen Rückkopplung abgebrochen werden. Aber selbst das wurde gekonnt überspielt. Mich haben die Stücke von Miles Davis beeindruckt, aber selbst Stevie Wonder und die Beatles ("come together") wirken frisch, wenn diese Musiker sich austoben. Weltklasse!